Eine schöne und herausfordernde Aufgabe, wenn ich für Unternehmen, Unternehmer oder Marken im Rahmen einer Beratung tätig bin, ist die Konzeptionierung und das (Be-)Texten des "Narrativs".
Narrare heißt erzählen, es geht also um das Verfassen der Erzählung oder der Geschichte – z.B. einer Marke. Diese Geschichte ist per se immer vorhanden: Zum Beispiel mit dem persönlichen Hintergrund eines Gründers, den ersten Ideen, wichtigen Meilensteinen, einigen Rückschlägen, dem Durchbruch und Erreichen bestimmter Kennzahlen, der Expansion in das Land XY oder der Weiterentwicklung des Produktes, die letztlich zum aktuellen Wettbewerbsvorteil im jeweiligen Markt (USP) geführt hat.
Das Narrativ muss stimmig und glaubwürdig sein. Frei von Erfindungen, Übertreibungen, Anmaßungen und auch Superlativen. Nur dann wirkt es dauerhaft authentisch. Was grundsätzlich auch kein Problem sein sollte, ist doch jede Erzählung über eine Marke einzigartig und damit erzählens-wert genug. Zumindest in der Theorie.
Natürlich schreibt man ein Narrativ nicht (nur) für sich selbst, sondern für aktuelle und potentielle Kunden, denn diese sollen sich bestenfalls damit identifizieren können. In deren Ohren soll es gut klingen. Oder sympathisch. Spannend. Ungewöhnlich. Auf jeden Fall positiv konnotiert. Ähnlich einem Freund sollte einer Marke eine gute Haltung attestiert werden. Also Glaubwürdigkeit und hoffentlich auch Kompetenz.
Natürlich ist klar: Ganz unabhängig vom Narrativ urteilt jeder Kunde letztlich aufgrund des tatsächlichen Erlebnisses, das nach dem Kauf gemacht wurde. Erst dadurch kann eine Marke/ ein Produkt im Erfolgsfalle Loyalität und Treue gewinnen, der Jackpot jeder Marketing-Bemühung.
Aber zurück zum Narrativ, das wie eine Art Dirigent fungiert. Dieser gibt den Ton vor, der sich in jeder Faser der Vermarktung wiederfinden soll. Eine gute (Marken-)Geschichte kann im Heute enden, muss sie aber nicht. Auch die nächsten, künftigen Schritte können miterzählt werden. Ob als Inspiration, Perspektive oder Vision, wie es weitergehen soll. Als klares Angebot an die Zielgruppe, diesen Weg schon jetzt zu kennen und mitzugehen. Der Kunde soll wissen: "Meine" Marke ist noch nicht am Ende, sie hört hier nicht auf. Es gibt eine Zukunft, und ich bin ein Teil davon.
Die gut strukturierte Formulierung eines Narrativs hat neben der Außenwirkung natürlich auch einen starken Einfluss nach innen. Nicht nur die Führungspersönlichkeiten, sondern alle Personen im Unternehmen lernen sich und das Produkt (noch) besser kennen. Es hilft dabei, konsistenter, stimmiger und glaubwürdiger aufzutreten. Mit etwas Pathos ausgedrückt: Nur wer sich wirklich kennt, kann sich auch wirklich treu bleiben.
Ein einleuchtendes Beispiel für die Nutzung eines Narrativs:
Zwei professionelle Bergsteiger starten ein Business für Outdoor-Kleidung. Wie kaum andere Personen wissen sie, worauf es bei funktionellen Jacken, Schuhen und Hosen unter Extrembedingungen ankommt. Selbst dann, wenn es nur um normale Artikel für einen durchschnittlichen Winter geht, so haftet in den Augen ihrer Kunden den bergsteigenden Verkäufern eine natürliche, ehrlich-authentische Glaubwürdigkeit an. Es wäre wirklich verschenkt, ihre persönliche Erzählung und Profession nicht an die Zielgruppen zu kommunizieren – und zwar überall: Im Netz, am Point of Sale (PoS), auf möglichen Verpackungen, etc.
Unnötig zu erwähnen, dass ein Gebilde aus Narrativ und entsprechender Kommunikation nur dann stabil steht, wenn das Produktversprechen auch gehalten wird. Ist das nicht der Fall und mangelnde Qualität konterkariert die schöne Erzählung, droht der steile Absturz – um im Bild der Bergsteiger zu bleiben. Heutige Social-Media-Kanäle verstärken und multiplizieren diese Gefahr beträchtlich, schließlich eignen sich diese bestens, übertrieben negative Botschaften in die Welt raus zu posaunen. Ob sachlich begründet oder nicht.
Trotzdem: Die eigene Erzählung kann, wenn sie gut ist, bei allen Beteiligten im Unternehmen für einen zusätzlichen Impuls sorgen, den eigenen Worten auch zu folgen. Auch und vor allem in Krisenzeiten.
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